Die Einführung der Fachhochschulen vor rund 30 Jahren war ein Meilenstein für Österreichs Bildungslandschaft: Die Fachhochschulen sind heute unverzichtbar für die akademische Berufsausbildung, für die Gestaltung der digitalen und ökologischen Transformation sowie als Partner der Wirtschaft und Wissenszentren in den Regionen.
Anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums haben die Industriellenvereinigung (IV), die Arbeiterkammer (AK), der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in einem gemeinsamen Positionspapier Wege zur dauerhaften Stärkung und Weiterentwicklung des Fachhochschul-Sektors skizziert. Dieses wurde am 28. März im Rahmen einer Veranstaltung am FH Campus Wien präsentiert.
Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, betont: „Die Zukunft unserer Industrie ist voller Chancen und attraktiver Karrierewege! Wir bieten jungen Menschen die Möglichkeit, mit einer Ausbildung im MINT-Bereich etwas zu bewegen, innovativ zu sein und die großen gesellschaftlichen Herausforderungen mitzugestalten. Unsere Fachhochschulen sind zweifelsohne eine Erfolgsstory - mit einer hohen Erfolgsquote und enger Praxisnähe. Dazu trägt ein modernes Studienangebot bei, das auch die heute drängenden Themen wie KI und Digitalisierung aufgreift. Fachhochschulen müssen mehr und mehr zu Transfer- und Wissenszentren werden, die regionale, nationale und internationale Vernetzung fördern und Kooperationen mit der Wissenschaft und Industrie forcieren. So können wir unsere Innovationskraft in Österreich stärken und die Zukunft unserer Industrie sichern – und das mit engagierten und exzellent ausgebildeten MINT-Talenten."
„Unsere Gesellschaft ist schnellen Veränderungen ausgesetzt. Digitalisierung und Dekarbonisierung unserer Wirtschaft, aber auch der demografische Wandel verlangen rasche und passgenaue Antworten von Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen. Gerade Fachhochschulen sind mit ihren vielfältigen Studienangebot und berufsbegleitenden Studienangeboten wichtige Akteure. Sie haben gezeigt, wie innovative, attraktive Lernorte geschaffen werden können, die rasch Fachkräfte ausbilden und gesellschaftlichen Wandel im Blick behalten”, so Ilkim Erdost, Bereichsleiterin Bildung in der Arbeiterkammer.
„Für den ÖGB ist die 30-jährige Geschichte der Fachhochschulen ein Erfolgsmodell. Um diesen Erfolg fortzusetzen, ist es wichtig, mehr Studienplätze zu schaffen und bessere Angebote für Berufstätige anzubieten“, sagt Alexander Prischl, Leiter des Referates für Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik im ÖGB: „Außerdem muss der Übergang zwischen beruflicher Ausbildung und Hochschulbildung durch spezielle Angebote an Fachhochschulen erleichtert werden. Mit gezielten Initiativen wie individueller Studienberatung und der Förderung von beruflichem Aufstieg setzen Fachhochschulen neue Standards, um eine offene und vielfältige Hochschullandschaft zu schaffen. So bekommen mehr Menschen aus unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft Zugang zu Bildung und damit zu neuen Chancen."
Mariana Kühnel, stv. Generalsekretärin der WKÖ: „Die Wirtschaft schätzt die heimischen Fachhochschulen als Fachkräfteentwickler und Innovationsgeneratoren. Dass ein Drittel aller Studienabschlüsse im FH-Sektor erfolgt, unterstreicht das enorme Potenzial der FHs. Damit diese Erfolgsstory erfolgreich fortgeschrieben werden kann, müssen drei Puzzlesteine ineinandergreifen: ein bedarfsgerechter weiterer Ausbau der FH-Studienplätze, Budget- und Planungssicherheit, die den steigenden Anforderungen gerecht wird, sowie – wie im Regierungsprogramm vorgesehen - eine umfassende Hochschulstrategie, zu der wir uns als Sozialpartner gerne einbringen werden. Wichtig ist, die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssektoren als Chance zu sehen und einen konsequenten Kurs zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung zu haben. Denn nur ein leistungsfähiges Hochschulsystem, das Durchlässigkeit zwischen den Bildungssektoren ermöglicht, eröffnet Bildungschancen für die Jungen.“
Zukunft der Fachhochschulen – Position der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung
Unser Ziel ist die Stärkung und Weiterentwicklung dieses wichtigen Bildungssektors. Dafür schlagen wir Maßnahmen in den Bereichen der Studienprogramme und -angebote, der Finanzierung, der Durchlässigkeit und Studierbarkeit sowie der Vernetzung und Kooperationen vor.
Zukunftsorientierte Studienprogramme
Fachhochschulen sollen ihre Studienprogramme verstärkt am Fachkräftebedarf und gesellschaftlichen Wandel ausrichten. Ein jährlicher Ausbau um 1.200 Studienplätze soll vor allem in den Bereichen MINT, Gesundheit und Soziales erfolgen. Duale Studienprogramme und Bachelor- sowie Master-Professional-Angebote sollen verstärkt und durch staatliche Mittel unterstützt werden. Weitere Maßnahmen umfassen die Entbürokratisierung von Akkreditierungsverfahren, den Ausbau von Micro-Credentials und die Einrichtung einer zentralen Kompetenzstelle für Nostrifizierungen.
Attraktive und moderne Studien- und Weiterbildungsangebote schaffen
Den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, erfordert eine verstärkte Digitalisierung der Hochschullehre, die Förderung von KI-Kompetenzen sowie Schwerpunkten in der Lehre, die Vermittlung von kritischem Denken, Management Skills und internationalem Unternehmertum. Zudem sollen Lehr- und Lernbedingungen flexibler gestaltet, Feedbackprozesse mit Absolventinnen und Absolventen intensiviert und Geschlechterstereotype in der Lehre aktiv aufgebrochen werden, um die Fachhochschulen als Orte des lebenslangen Lernens zu stärken.
Finanzierung: Qualität garantieren, Herausforderungen begegnen
Drei Jahrzehnte nach der Gründung bedarf das Modell der Studienplatzfinanzierung einer Weiterentwicklung, um den steigenden Anforderungen wie Digitalisierung, Internationalisierung und sozial-ökologischer Transformation gerecht zu werden. Die strategische Hochschulplanung soll im Rahmen eines Dialogforums „Zukunft Hochschule“ unter Einbeziehung gesellschaftlich relevanter Stakeholder, inklusive der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung stattfinden. Für qualitativ hochwertige Ausbildungen braucht es eine Evaluierung und Anpassung der Fördersätze pro Studienplatz sowie die Ausweitung der Finanzierung von angewandter Forschung & Entwicklung und Projekten im Third-Mission-Bereich. Mit einer zeitlichen Angleichung des Fachhochschul-Entwicklungs- und Finanzierungsplans an die Leistungsvereinbarungen der Universitäten wird die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung des tertiären Bereichs gelegt.
Durchlässigkeit und Vielfalt: Moderne Rahmenbedingungen für eine heterogene Studierendenschaft
Um die Vielfalt der Studierenden zu fördern und eine heterogene Zusammensetzung zu gewährleisten, sollten Fachhochschulen ergänzend zum und in Abstimmung mit dem Schulsystem frühzeitige, individuelle Studienberatung und Berufsorientierung anbieten, die z.B. auf Arbeitsmarktrelevanz und geschlechtssensible Berufsbilder eingeht. Zudem ist es wichtig, die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung durch Brückenangebote und vereinfachte Verfahren zur Validierung und Anerkennung von Kompetenzen zu verbessern. Unterstützung und Vernetzung für internationale Studierende und eine nachhaltige Incoming-Strategie sollen die Integration und den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern.
Studierende unterstützen, Studierbarkeit befördern
Um Studierenden ein reibungsloses und fokussiertes Studium zu ermöglichen, müssen die zeitlichen und finanziellen Belastungen reduziert werden. Dies kann durch moderne, flexible Lehrangebote, die Vereinbarkeit von Studium und Beruf erleichtern, sowie durch erweiterte finanzielle Beihilfen und Unterstützungssysteme erreicht werden. Auch die Sichtbarkeit und Zugänglichkeit von Fördermöglichkeiten und Vorbereitungsmöglichkeiten vor dem Studium sind entscheidend, ebenso wie der Ausbau von Unterstützungsangeboten in der Studienabschlussphase.
Ausbau von Kooperationen und Netzwerken mit (außer-)hochschulischen Partnern
Um Synergien zu nutzen, sollten Fachhochschulen verstärkt als Transfer- und Wissenszentren agieren und Kooperationen mit Universitäten sowie weiteren Hochschul- und außerhochschulischen Partnern intensivieren. Dies umfasst die Etablierung kooperativer Ausbildungs- und Forschungsstrukturen, die Förderung gemeinsamer Studienangebote, organisatorische Kooperationen in verschiedenen Bereichen und den Ausbau von Erasmus+ European University Alliances.