Für die Industriellenvereinigung (IV) ist wesentlich, das Pensionssystem tiefgreifend zu reformieren, um es generationengerecht für die Zukunft aufstellen zu können. Das setzt gleichzeitig einen faktenbasierten Diskurs voraus. Umso wichtiger ist es, mit gängigen Pensionsmythen aufzuräumen und einen klaren Blick auf Zahlen, Daten, Fakten zu bekommen.
Mythos Nr. 1: Unser Pensionssystem ist gesichert
Richtig ist: 2025 werden aus dem Bundesbudget rund 33 Milliarden Euro für Pensionen (gesetzliche Pensionsversicherung und Beamte) aufgewendet – bis zum Ende der Legislaturperiode werden die Aufwendungen bis über 38 Milliarden Euro steigen. Ohne tiefgreifende Reformen werden sich die Bundesausgaben für die Pensionen bis 2050 auf eine Billion Euro kumulieren. Gleichzeitig wird laut der aktuellen Bevölkerungsprognose der Statistik Austria bis 2040 der Anteil der Altersgruppe 65+ von 19,7 Prozent auf 26,7 Prozent steigen und die Erwerbspersonenzahl zurückgehen. Das bringt wiederum Investitionen in die Zukunft massiv unter Druck. Gerade deshalb müssen wir uns die Frage stellen: Wollen wir weiter unkontrolliert in die Vergangenheit investieren oder Spielräume schaffen für Zukunftsinvestitionen in Bildung, Infrastruktur und unsere Innovationskraft?
Mythos Nr. 2: Das Pensionssystem wird bereits reformiert
Die Regierung hat in den letzten Wochen mehrere Maßnahmen beschlossen. Das betrifft zum einen die Korridorpension: Hier wurde die stufenweise Anhebung des Zugangsalters für die Korridorpension vom vollendeten 62. Lebensjahr auf das 63. Lebensjahr, sowie der erforderlichen Versicherungszeit von 40 auf 42 Jahre beschlossen. Zum anderen betrifft das die Teilpension, die verbunden mit einer Reduktion der Arbeitszeit, einen flexibleren Übergang vom Erwerbsleben in die Pension ermöglichen soll. An sich ist dies positiv zu bewerten, jedoch gehen wir von einem geringen Einsparungseffekt aus, zumal die (teure) Altersteilzeit lediglich schrittweise eingeschränkt wird. Ebenso wurde ein Nachhaltigkeitsmechanismus implementiert, der die Bundesregierung zum Handeln bewegen soll, sobald man vom Zielpfad abweicht. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um ein Budgetmonitoring, und keinen Mechanismus, der konkrete Maßnahmen auslöst. Diese ersten Maßnahmen sind zu begrüßen, können aber eine echte Strukturreform nicht ersetzen.
Mythos Nr. 3: Unternehmen beschäftigen zu wenig ältere Menschen
Erst unlängst hat die Arbeiterkammer kritisiert, dass viele Unternehmen keine Menschen über 60 beschäftigen würden. Auch hier lohnt sich ein Blick auf die Fakten: 82 Prozent der neuen Pensionistinnen und Pensionisten geben laut Statistik Austria als Hauptgrund für die Beendigung der Erwerbstätigkeit und Inanspruchnahme der Alterspension an, dass die Voraussetzungen für den Pensionsantritt erfüllt waren, und nicht etwa, dass gesundheitliche Gründe vorliegen. Betriebe übernehmen Verantwortung für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und sind bemüht, sie möglichst lange in Beschäftigung zu halten – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Rund drei Viertel der Menschen in Österreich gehen direkt aus einer Erwerbstätigkeit in die Alterspension. Das heißt wiederum, dass wir die gesetzlichen Grenzen der regulären und frühzeitigen Alterspension nach oben anpassen müssen, um die Menschen tatsächlich länger in Beschäftigung zu halten: 68 ist das neue 65.
Mythos Nr. 4: Ein höheres Pensionsantrittsalter ist unzumutbar
Zahlreiche Länder in der EU bestätigen, dass die Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters Realität ist. Deutschland hat die Rente ab 67 verankert, Dänemark hat die Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters auf 70 Jahre bis 2040 erst unlängst beschlossen. Zusätzlich setzt Dänemark auch auf kapitalgedeckte Pensionspläne, während das österreichische Pensionssystem auf einem Umlageverfahren beruht und auf Bundeszuschüsse angewiesen ist. Internationale Vergleiche, wie OECD Pensions at a Glance, zeigen darüber hinaus, dass neben Deutschland und Dänemark, auch weitere zahlreiche EU-Staaten das Pensionsantrittsalter bereits angehoben haben bzw. auch weiter anheben werden. Eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters ist machbar und zumutbar – darum werden wir im Sinne eines demografiefitten Pensionssystems nicht herumkommen.