Pressemeldungen IV-Steiermark

Umsetzungsfertige Handlungsanleitung zur Verfahrensbeschleunigung

Die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung Steiermark haben gemeinsam mit der Universität Graz eine Handlungsanleitung zur Deregulierung erarbeitet. Diese beinhaltet 20 konkrete Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung, mit denen man die Wirtschaft entlasten und Investitionen ankurbeln kann. „Es ist die mit Abstand günstigste Form der Konjunkturbelebung, sie kostet nur den entsprechenden politischen Willen“, so die Präsidenten der steirischen IV und WKO, Kurt Maier und Josef Herk.

Wir brauchen weniger Bürokratie und schnellere Behördenverfahren – so lautete das Kernergebnis des großen Deregulierungsgipfels Anfang April in der Grazer Burg. Aus diesem Grund haben die Industriellenvereinigung Steiermark und die steirische Wirtschaftskammer nun gemeinsam mit der Universität Graz eine konkrete Handlungsanleitung zur Verfahrensbeschleunigung für das noch im Sommer angekündigte Deregulierungsgesetz erarbeitet. Diese Anleitung enthält 20 Vorschläge, basierend auf einer Umfrage des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung (IWS) unter 182 Betrieben aus besonders betroffenen Branchen. Laut diesen Rückmeldungen liegt die durchschnittliche Verfahrensdauer in der Steiermark bei rund 12 Monaten, wobei vor allem im Abfall-wirtschaftsbereich, im Bauwesen und überall dort, wo auch das Wasserrecht greift, es oft zu jahrelangen Verzögerungen kommt. Besonders langwierig ist die Situation, wenn es um den notwendigen Ausbau erneuerbarer Energie geht. Bei Pumpspeicherkraftwerken sowie Wasserkraft- und Windparkprojekten dauern Verfahren zum Teil länger als zehn Jahre.

FRAGE: Wie lange dauerte es bei Ihrem Genehmigungsverfahren, bis die Verwaltungsbehörde (nicht Gericht) den Bescheid erlassen hat?

Foto: WKO Steiermark


FRAGE: Gab es im Rahmen Ihres Genehmigungsverfahrens besondere Gründe, welche die Verfahrensdauer erhöht haben?

Foto: WKO Steiermark


FRAGE: Durch welche Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach behördliche Genehmigungsverfahren effizienter abgewickelt werden? 

Foto: WKO Steiermark

So lassen sich Verfahren beschleunigen

Die Ergebnisse dieser Umfrage waren dann auch die Basis für die Handlungsempfehlungen, die mit den betroffenen Behörden (A13, A15, BHs, Magistrat Graz) inhaltlich bereits diskutiert wurden. Ausgearbeitet wurden die legistischen und organisatorischen Lösungsvorschläge in Form eines Gutachtens – federführend durch Univ.-Prof. Stefan Storr vom Institut für Öffentliches Recht und Öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität Graz. Diese Vorschläge sollen nun dazu beitragen, bei ausufernden und als problematisch identifizierten Verfahren eine substanzielle Beschleunigung zu bewirken, weiters sollen dadurch auch Hürden für künftige Projekte abgebaut werden. Hierbei geht es um eine Vielzahl kleiner Maßnahmen, die gemeinsam große Wirkung zeigen würden, ist man bei IV und WKO überzeugt. Anbei eine Auswahl wichtiger Punkte:

 

  • Verpflichtende Fristen für Behörden: Werden Verfahren nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen abgeschlossen, sollen diese als genehmigt gelten. Gerade im Baubereich – und hier vor allem in Graz – kommt es nämlich regelmäßig zu massiven zeitlichen Überziehungen bei Genehmigungsverfahren, die für die gesamte Bauwirtschaft ein massives Problem darstellen. Gefordert wird darum ein Automatismus, der bei Verstreichen der gesetzlichen Frist das Projekt genehmigt.

  • Mehr Tempo bei der Heizungsumstellung: Wer eine Öl- oder Gasheizung durch eine umweltfreundliche, moderne Wärmepumpe ersetzen will, muss derzeit langwierige Bewilligungsverfahren auf sich nehmen. Ein Bürokratieaufwand für den Bauwerber und die Behörde, der sich zum Teil bis zu einem Jahr ziehen kann. Gefordert wird daher eine Vereinfachung des Verfahrens in Form einer Anzeigepflicht. Gibt es keinen Einspruch der Behörde, gilt die Wärmepumpe als genehmigt – bei PV-Anlagen ist das bereits geltendes Recht.
  • Kürzere Entscheidungsdauer bei Auskunfts- und Beratungspflichten: Ein generelles Problem bei Genehmigungsverfahren aller Art sind oft unvollständige Einreichunterlagen. Würde hier im Vorfeld eine bessere Beratung seitens der Behörde angeboten, ließe sich im Nachhinein viel Aufwand verhindern. Aus diesem Grund hat die Wirtschaftskammer ein Betriebsanlagenservice mit externen Coaches ins Leben gerufen. Selbiges wird flächendeckend auch für alle anderen Verfahrensarten auf Landesebene eingefordert.  

  • Genehmigungsfiktion: Genehmigungsfiktionen können – insbesondere im Zusammenwirken mit Entscheidungsfristen - als ein wirksames Instrument zur Verfahrensbeschleunigung dienen: Bleibt die Behörde innerhalb der Frist untätig, gilt die Genehmigung kraft Gesetzes als erteilt. Der Antragsteller kann ohne Säumnisbeschwerde mit dem Vorhaben beginnen. Bestehend bleibende Unsicherheiten – etwa durch mögliche Beschwerden Dritter in Mehrparteienverfahren und fehlende behördliche Prüfung – müssen jedoch klar geregelt sein.
  • Privatisierung: Wenn Personalknappheit oder andere Kapazitätsengpässe in der Verwaltung bestehen, können mit einer Aufgaben- und Verfahrensprivatisierung Beschleunigungseffekte erzielt werden. Projektbüros (z. B. Architekten, Ziviltechniker, Rechtsanwälte) können vorbereitende oder verfahrensleitende Tätigkeiten übernehmen. Je nach Aufgabe und Tätigkeit muss sichergestellt werden, dass die verfahrensgesetzlichen Anforderungen erfüllt sind, aber für Privatisierungen gibt es ein erhebliches Potenzial.
  • Digitalisierung: Die Möglichkeiten der Digitalisierung bieten großes Potenzial für effiziente und transparente Verfahren. Eine digitale Plattform kann eine vollständig digitale Verfahrensabwicklung bis hin zu automatisierten Bescheiden ermöglichen, digitale Anhörungen und die Wiederverwendung vorliegender Gutachten können die Verfahren beschleunigen und Ressourcen schonen. Zudem kann die Automatisierung der Verfahren wesentliche Beiträge im Hinblick auf den Fachkräftemangel und die demographische Entwicklung in der Verwaltung und den Betrieben leisten.

STATEMENTS: 
Josef Herk, Präsident WKO Steiermark: „Mit diesem Gutachten und den darin enthaltenen Lösungsvorschlägen reichen wir der Politik die Hand. Nun kann sie zeigen, wie ernst es ihr in Sachen Bürokratieabbau, Deregulierung und Verfahrensbeschleunigung ist. Wir – oder besser gesagt die steirischen Unternehmerinnen und Unternehmer – brauchen dringend eine Kurskorrektur des Hausverstands. Schnellere und einfachere Genehmigungsverfahren würden die Investitionsbereitschaft im Land ankurbeln und damit die Konjunktur beleben. Eine einfache und höchst effektive Form der Wirtschaftsförderung, die kein großes Geld, sondern nur den entsprechenden politischen Willen kostet.“ 

Kurt Maier, Präsident IV-Steiermark: „Um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen zu stärken und Innovationskraft im Land zu fördern, ist eine Entlastung unserer Wirtschaft und Verwaltung vor übermäßiger Regulierung dringend erforderlich. Die grüne Transformation gelingt nur durch und mit den steirischen Industriebetrieben – nicht gegen sie. Unsere Unternehmen investieren, planen und setzen um, dafür benötigen sie aber Rechts- und Planungssicherheit, Geschwindigkeit in Verfahren und echten digitalen Fortschritt. Privatisierung kann Tempo bringen, Digitalisierung schafft Transparenz und Effizienz. Und: Deregulierung muss auch zu weniger Bürokratie führen.“ 

Univ.-Prof. Dr. Stefan Storr: „Aus den Grundrechten der Erwerbsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und der Eigentumsgarantie folgt, dass der Genehmigungswerber einen Anspruch darauf hat, dass eine Genehmigung erteilt wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. In Verwaltungsverfahren müssen alle relevanten Anforderungen und Interessen angemessen berücksichtigt werden. Verfahrensvorschriften müssen so ausgestaltet sein, dass sie einer wirksamen Durchführung zugänglich sind und somit zu positiven Entscheidungen führen können. Genehmigungsverfahren müssen in angemessener Zeit geführt und abgeschlossen werden.“

Vorschläge zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren