Pressemeldungen IV-Steiermark

Grüner Umsetzungsturbo für die Grüne Steiermark

Energie Steiermark und IV-Steiermark legen in Kooperation mit 22 Industriebetrieben einen Masterplan für die grüne Transformation der Industrie vor.

Die grüne Transformation stellt Wirtschaft, Gesellschaft und Politik gleichermaßen vor Herausforderungen. In der Steiermark liefert ein österreichweit einzigartiger Schulterschluss von Energieversorger und Energieverbrauchern einen Fahrplan, wie die Dekarbonisierung industrieller Energieversorgung gelingt und der Ausbau grüner Energieträger voranschreiten muss.

22 energieintensive Industrieunternehmen haben in einem Bottom-Up-Prozess in Abstimmung mit der Energie Steiermark und der Industriellenvereinigung Steiermark sowie mit der Unterstützung internationaler Expert:innen und lokaler Forschungspartner:innen über ein halbes Jahr hinweg zum Thema erneuerbare Energien Daten erhoben, Szenarien skizziert und zukünftige Bedarfe errechnet. Das Ergebnis der ganzheitlichen Betrachtung von industriellen Energiebedarfen, deren Erzeugung wie auch deren Verteilung ist ein „Masterplan Grüne Energie 2040“ für die Steiermark. In ihm sind fünf Handlungsfelder mit 15 Maßnahmenpaketen und insgesamt 45 konkreten Umsetzungsschritten für die grüne Transformation der steirischen Industrie enthalten.  

Steiermark ist Heimat energieintensiver Produktion
Die an der Erhebung teilnehmenden Betriebe stehen aktuell für 85 Prozent des Gasverbrauchs sowie 44 Prozent des Stromverbrauchs der steirischen Industrie. Insgesamt gilt die Steiermark aus ihrer Tradition heraus als energieintensiver Industriestandort und auch heute sind 30 Prozent der steirischen Industriebeschäftigten in energieintensiven Unternehmen tätig – deutlich mehr als im österreichischen Bundesländerschnitt. Die Exportorientierung und der Innovationsgeist, der diese Betriebe sich auf den Weltmärkten behaupten lässt, sind Antrieb, die heimischen (energetischen) Rahmenbedingungen proaktiv mitzugestalten und zukunftsgerichtet aufzustellen. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist das Bekenntnis der Unternehmen zur grünen Transformation sowie zum Standort Steiermark.

2040: Verfügbarkeit und Leistbarkeit von Strom und Wasserstoff zentral
Die Dekarbonisierung industrieller Prozesse führt in den kommenden Jahren zu massiv steigenden Strom- und Wasserstoffbedarfen.

Die Bedarfserhebung im Rahmen des Masterplans hat eine Zunahme des Strombedarfs aufgrund der steigenden Elektrifizierung industrieller Produktionsverfahren von +0,8 TWh bis 2030 bzw. +1,3 TWh bis 2040 ergeben (jeweils im Vergleich zu 2022). Die Nachfrage nach Wasserstoff steigt ab 2030 steil an, der Bedarf 2040 liegt bei 5,6 TWh. Rund 20 Prozent des Wasserstoffbedarfs können aus aktueller Sicht lokal erzeugt werden – das sorgt wiederum für einen zusätzlichen jährlichen Strombedarf von +0,9 TWh bis 2030 bzw. +1,7 TWh bis 2040. Zu einer Reduktion kommt es allenfalls beim Erdgasbedarf, der sich bis 2030 halbieren kann, wenn Wasserstoff bzw. andere grüne Energieträger in ausreichenden Mengen zu wettbewerbsfähigen Konditionen verfügbar sind.

Eine Senkung des Erdgaseinsatzes von heute 7,2 TWh auf 0,7 TWh bis 2040 ist unter diesen Voraussetzungen möglich.

Steiermark ist am Weg: Masterplan liefert weitere konkrete Umsetzungsschritte
Für die anstehende Transformation und das Stemmen der steigenden Energiebedarfe sind allen voran faire Wettbewerbsbedingungen, die Finanzierbarkeit der Maßnahmen sowie ein Dringlichkeitsbewusstsein und ein entsprechendes Umsetzungstempo für den Ausbau grüner Energien und der dafür erforderlichen Netze erforderlich. Die Steiermark hat bereits erste Schritte in wesentlichen Bereichen gesetzt (u. a. Sachprogramme, Sonderstandorte für Solarenergienutzung). Der „Masterplan Grüne Energie 2040“ liefert in fünf Handlungsfeldern samt 15 gezielter Maßnahmenpakete insgesamt 45 konkrete Umsetzungsschritte, wie etwa die Erhöhung der Personalausstattung der Genehmigungsbehörden. Im Masterplan enthalten sind in diesem Zusammenhang handlungsleitende Zuordnungen von Rollen und Zuständigkeiten für die Landes-, Bundes- und europäische Ebene.

Fünf zentrale Handlungsfelder für die Grüne Transformation 2040
Finanzierung
der grünen Transformation sicherstellen; beispielsweise durch die zweckmäßige Adaptierung des europäischen Emissionshandels (EU-ETS).

Energienetze ausbauen, ertüchtigen und vernetzen; zum Beispiel durch eine zukunftsfitte Regulatorik für die Strom- und Wasserstoffinfrastruktur.

Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen; etwa durch das Ausweiten der Vorrangzonen für PV und Windkraft.

Verfügbarkeit grüner (klimaneutraler) Gase sicherstellen; durch das Forcieren des Hochlaufs der steirischen Wasserstoffwirtschaft und der Biomethanproduktion.

Flexibilität der Energiemärkte stärken; mit etwa dem gezielten Carbon Management als Teil der Energie-Transformation.

Für die Steiermark ergeben sich Maßnahmen u. a. in den Bereichen Windkraft, Photovoltaik (PV) sowie grüne (klimaneutrale) Gase, die in einzelnen Umsetzungsschritten konkret adressiert werden.

Strom: 120 Windkraftanlagen bis 2030 nötig; Rekordtempo bei PV-Ausbau beibehalten
Windkraftanlagen sind aufgrund ihrer robusten Energie-Erzeugung im Winter bzw. in der Nacht ein wesentlicher versorgungssichernder Bestandteil beim weiteren Ausbau der erneuerbaren Energie. Mit Blick auf bereits getätigte Zubau-Erfolge muss der Windkraftausbau jedoch deutlich beschleunigt werden – konkret bedeutet das zusätzlich rund 120 Windkraftanlagen bis 2030.

Auch der Einsatz von Photovoltaik bleibt eine zentrale Säule für die grüne Transformation der Steiermark. Hier gilt es, vor allem das Ausbautempo aus dem Jahr 2023 beizubehalten und auch in Zukunft im Schnitt rund 10.000 Haushaltsanlagen pro Jahr, ergänzt um große Freiflächenanlagen, zu errichten.

Sowohl für den Ausbau der PV-Anlagen, wie auch jenen der Windkraftanlagen sind das Ausweisen entsprechender Flächen, die Verfügbarkeit von Personalressourcen in den Genehmigungsbehörden bzw. Gutachter:innen, die Ertüchtigung und der Ausbau der Stromverteilnetze sowie der Ausbau von Speicherlösungen essenziell.

Wasserstoff: Finanzierbarkeit sicherstellen und lokale Produktion unterstützen
Gerade für den Ersatz von Erdgas in industriellen Prozessen spielt Wasserstoff eine Hauptrolle. Aus aktueller Sicht ließe sich rund 20 Prozent des Bedarfs 2040 in der Steiermark produzieren, der überwiegende Teil wird über internationale Korridore zu beschaffen sein.

Für die damit verbundenen enormen Investitionen gilt es, den Hochlauf aktiv zu stärken. Dies kann beispielsweise durch temporäre Unterstützung bei den zu Beginn höheren laufenden Kosten klimafreundlicher Produktionsmethoden und Energieträger sowie durch die Sicherstellung der Anbindung an internationale Versorgungskorridore erfolgen. Planungssicherheit bzw. einheitliche und wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen sind dabei für heimische Betriebe entscheidend. Letztlich trägt eine leistungsfähige lokale Erzeugung auch wesentlich zur heimischen Versorgungssicherheit bei und ermöglicht die Verschiebung von überschüssigem PV-Strom aus dem Sommer in den Winter.

Energienetze, Energiespeicher und Flexibilitäten ausbauen
Das zukünftige Stromsystem muss anpassungsfähiger werden. Der Ausbau lokaler Bezugsquellen für Strom und grüne Gase sowie industrielle Flexibilitätsoptionen ermöglichen eine (teilweise) Absicherung auf absehbar höhere Strompreisschwankungen. Ergänzend sind die Ertüchtigung und der Ausbau von Strom- bzw. der Gasinfrastruktur für Wasserstoff- und Mischgase sowie Flexibilitätsoptionen und Speicherlösungen entscheidend für das Gelingen der grünen Transformation.

 „Agenda Weiß-Grün“ ist Basis, um darauf aufzubauen und weitere Schritte zu setzen
Mit der im Rahmen der Regierungsklausur 2022 vorgelegten „Agenda Weiß-Grün“ hat die Landesregierung ein klares Bekenntnis zu konkreten Maßnahmen als Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende vorgelegt. Insbesondere die Zielsetzungen im Bereich des Ausbaus erneuerbarer Erzeugungsanlagen in den Bereichen Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft und Biomasse, als auch der Fokus auf die Vereinfachung von Verfahren waren ein österreichweit vielbeachteter Schritt, auf dem es in den kommenden Jahren konsequent aufzubauen gilt.

Der „Masterplan Grüne Energie 2040“ ist daher als Fortsetzung und als weiterer Umsetzungsturbo für die grüne Transformation in der Steiermark unter Nutzung der eigenen Stärken zu verstehen. Die Relevanz und der nötige Handlungsbedarf sowie die Bereitschaft seitens Verbraucher, sich proaktiv und konstruktiv einzubringen, wird durch den im Masterplan zugrunde liegenden Schulterschluss verdeutlicht.

Statements:

Franz Kainersdorfer / Vorstandsmitglied voestalpine AG, Vizepräsident IV-Steiermark
Die Dekarbonisierung unserer Industrie führt zu deutlich ansteigenden Strom- und Wasserstoffbedarfen. Wesentlich für das Gelingen der Transformation ist dabei die stabile und ausreichende Verfügbarkeit grüner Energie zu konkurrenzfähigen Kosten. Die im internationalen Vergleich nach wie vor signifikant höheren Strom- und Gaspreise benachteiligen heimische Betriebe auf internationalen Märkten und bedrohen den Industriestandort Österreich. Im Sinne unserer Wettbewerbsfähigkeit und unseres Bekenntnisses zur grünen Transformation möchten wir als steirische Industrie die lokalen energetischen Rahmenbedingungen aktiv mitgestalten.

Markus Ritter / Geschäftsführender Gesellschafter Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH, Vorsitzender des Industrieforums Energie & Umwelt der IV-Steiermark
Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, wie der Ausbau der Bahninfrastruktur oder der erneuerbaren Energien, erhöhen die Nachfrage nach Materialien wie Beton, Stahl und Zement. Wie diese Materialien hergestellt werden, spielt demgemäß eine wichtige Rolle. Mithilfe modernster Produktionsverfahren fertigen wir im Land Stahl, Papier oder Zement bereits wesentlich klimaschonender als anderswo. Der Schlüssel liegt klar in unseren Technologien und deren Einsatz. Eine Verlagerung dieser Industrien in andere Länder birgt das Risiko, dass die Produktion dort zu höheren Treibhausgasemissionen führt und bei uns zugleich Arbeitsplätze (direkt und indirekt) und Wohlstand verloren gehen.

Christian Purrer / Vorstandssprecher der Energie Steiermark AG
Eine positive Partnerschaft zwischen Politik, Energie- und Industrieunternehmen ist die Voraussetzung, um die Herausforderungen der Energiewende stemmen zu können. Das erfreuliche Klima des Vertrauens und der Zusammenarbeit aller Beteiligten im Land macht die Steiermark nicht ganz zufällig in vielen Bereichen der Energie-Innovation österreichweit zum Vorreiter.

Martin Graf / Vorstandsdirektor der Energie Steiermark AG
Die Transformation des Energiesystems benötigt Investitionen in Mrd-Höhe. Für die massive Steigerung der Investitionen sind die aktuellen gesetzlichen sowie regulatorischen Rahmenbedingungen nicht mehr geeignet. Es braucht dringend finanzierungs- und investitionsfähige Grundlagen, sodass der Dreiklang zwischen Kapitalmarkt, Energiemarkt und Politik/Regulierung zum Gelingen der Energiewende beitragen kann!