Pressemeldungen IV-Steiermark

Steirische Industriekonjunktur: Aufschwung nicht in Sicht

Spürbar negative Effekte am Arbeitsmarkt im ersten Halbjahr zu erwarten. Standortpolitik muss neben konjunkturellen auch vermehrt strukturelle Herausforderungen in den Fokus rücken. Investitionsbereiten Betrieben einen sicheren und wettbewerbsfähigen Rahmen bieten.

Die Wertschöpfung der Industrie ist im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 deutlich zurück gegangen. Alle Indikatoren der Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung Steiermark (IV) deuten darauf hin, dass ausgehend von diesem tiefen Niveau mit einer weiteren Verschlechterung der Lage im ersten Halbjahr 2024 zu rechnen ist.  

Der Anteil jener Unternehmen, die eine derzeit gute Geschäftslage melden, liegt bei 26 Prozent – seit dem Ausbruch der COVID-19 Pandemie der niedrigste Wert. Dasselbe Bild ergibt sich auch hinsichtlich der Ertragssituation: 28 Prozent melden eine aktuell schlechte Ertragslage – vergleichbare Werte brachte die Umfrage zuletzt in Zeiten der Pandemie im Jahr 2020.  

Kein Frühjahrsaufschwung
Zwar rechnen 11 Prozent der Unternehmen damit, die Produktionstätigkeit im ersten Quartal 2024 ausweiten zu können, 30 Prozent sehen sich aber gezwungen, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten bis März zurückzunehmen. Vorhandene Kapazitäten werden weniger ausgelastet. Die leichte Zuversicht, die noch zu Beginn des Jahres 2023 gegeben war, findet demnach 2024 keine Wiederholung. Der Index der erwarteten Produktionstätigkeit lag zu Beginn 2023 bei +18, nunmehr bei -19. 

Konjunktur bildet sich zusehends am Arbeitsmarkt ab
Der bereits in den jüngsten Arbeitsmarktdaten abzulesende Trend zunehmender Arbeitslosigkeit in der Steiermark wird in den kommenden Monaten aller Voraussicht nach Bestand haben. Der Anteil jener Unternehmen, die aktiv auf der Suche nach Personal sind, steigt zwar im Vergleich zum Vorquartal leicht an (von 7 Prozent auf 13 Prozent), gleichzeitig gehen 44 Prozent der Industriebetriebe davon aus, im ersten Quartal 2024 ihren Personalstand nicht halten zu können (im Vorquartal waren es noch 17 Prozent). „Einen derart hohen Anteil an Unternehmen, die mit sinkendem Personalstand rechnen, mussten wir zuletzt während der Pandemie im Jahr 2020 feststellen. Die aktuelle Konjunkturlage wird in den kommenden Monaten verstärkt am Arbeitsmarkt spürbar sein“, betont Gernot Pagger, Geschäftsführer der IV-Steiermark.  

Mit einer Verbesserung der Situation der Industrie bis zum Sommer ist nicht zu rechnen. Der Index der erwarteten Geschäftslage in sechs Monaten sinkt von zuletzt 0 wieder deutlich auf -15 und ist somit zum achten Mal in Folge nicht positiv. „Aktuell liegen alle Indizes, die sich auf die Entwicklung bis Sommer beziehen, im negativen Bereich. Mit einem von der Industrie getragenen Impuls für die konjunkturell Entwicklung ist im ersten Halbjahr nicht zu rechnen“, betont Pagger.  

Wachstum nur über Wettbewerbsfähigkeit möglich
Für einen Wachstumsimpuls in Österreich sind wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen die Voraussetzung, um vom derzeit verhaltenen globalen Wachstum profitieren zu können. Deutschland, die USA und Italien sind die wesentlichsten Exportmärkte der Steiermark und derzeit durch negatives bzw. schwaches Wachstum geprägt. „Unternehmen, die in Österreich investieren wollen, benötigen dafür zuverlässige und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Diskussionen über neue Steuern oder die Verkürzung von Arbeitszeiten sind für Investitionsentscheidung und damit für unsere konjunkturelle Entwicklung alles andere als förderlich“, unterstreicht Stefan Stolitzka, Präsident der IV-Steiermark.

 Lohnnebenkostensenkung und Strompreiskompensation
Statt neuer Belastungen und kostensteigernden Schritten braucht es in Österreich vielmehr Anreize, die die Leistungsbereitschaft stärken sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten. Laut Eurostat lagen die Lohnnebenkosten im Jahr 2022 in Österreich mit 26,6 Prozent mehr als drei Prozentpunkte höher als in Deutschland und auch deutlich über dem EU-Schnitt von 23,3 Prozent.

 „Innerhalb der Europäischen Union müssen wir – gerade auch für energieintensive Betriebe – einen Gleichstand hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Die Verlängerung der Strompreiskompensation über das Jahr 2022 hinaus ist dafür ein wesentlicher Baustein. Wir dürfen in Österreich Betriebe, die dem Emissionshandel unterliegen, nicht doppelt zur Kasse zu bitten und so schlechter stellen als jene in Deutschland, in Italien, in Frankreich oder in über 10 weiteren anderen EU-Staaten“, fordert Stolitzka.

 Konjunktur und Struktur
An die wahlwerbenden Gruppen bei Europa-, Nationalrats- und Landtagswahl in diesem Jahr richtet der IV-Steiermark Präsident daher den Appell: „Reden wir über Konjunktur und darüber, wie wir sie in Gang bringen können. Reden wir aber auch über die Struktur unseres Standortes und darüber, wie wir als Standort Österreich und Europa einen sicheren und wettbewerbsfähigen Rahmen für investitionsbereite Betriebe bieten können.“



Zur Befragungsmethode der IV-Konjunkturumfrage
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung Steiermark beteiligten sich 49 Betriebe mit 45.350 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ bzw. „Index“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.